Ein Wühler vom Wühltisch, und dann stehen plötzlich doch fast 20.000 Euro auf der Rechnung – was ist da denn schiefgelaufen? Gar nichts! Wir waren bloß ein wenig unbescheiden und haben Anfang 2011 keinen splitternackten Basis-Duster für 11.990 Euro auf unseren 100.000-Kilometer-Marathon geschickt, sondern einen "Vollausstatter" mit Allradantrieb, Leder, starkem Diesel, ESP und glänzendem Metalliclack. Das Ganze heißt bei Dacia dann "Prestige" und ist trotz seiner 19.600 Euro immer noch ein Schnäppchen. Selbst beim Koreaner käme ein vergleichbarer Kompakt-Kraxler viel teurer. Wie machen die Rumänen das? Ganz einfach: Sie recyceln Technik, die das Mutterhaus Renault längst abgeschrieben hat – in diesem Fall die vom alten Clio. Sie produzieren billig in der Walachei. Und sie verzichten konsequent auf Protz und Premium. Teuren Ausstattungsklimbim sucht man vergebens, was in der Redaktion die wenigsten stört – und viele sogar freut. "Ein Auto ohne Mätzchen – hach, wie ist das schön!", jubelt ein Kollege nach der Jungfernfahrt. Die Begeisterung hält nicht lange vor. Frühzeitig kriegt der laute Diesel sein Fett weg. "Wegen der kurzen Übersetzung ist man bei 125 km/h schon mit 3000 Umdrehungen unterwegs", notiert ein Testfahrer ins Fahrtenbuch. "Kein Wunder, dass er dann das Trinken anfängt." 8,2 Liter waren es zum Schluss im Schnitt – was allerdings auch am hohen Autobahnanteil liegt, der bei den Dienstreisen der Redaktion nicht zu vermeiden ist. Privatfahrer bekommen mit dem 110 PS starken 1,5-Liter im Stadt- und Überlandbetrieb problemlos eine Sechs vor dem Komma hin.
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Anfälliges Getriebe und Rost

Ärgerlich: Schon wenige Monate nach Testbeginn sorgt eine wackelnde Sitzverstellung für Verdruss. Auch die Kritik an Kleinigkeiten reißt nicht ab – von der fehlenden Automatikfunktion der Fensterheber übers Kofferraumrollo aus labberigem Stoff bis hin zum nicht vorhandenen Außenthermometer. Auch die stechenden Kunststoffausdünstungen, vor allem wenn der Duster in der prallen Sonne parkt, stinken vielen. "Wunder darf man zu diesem Preis eben keine erwarten", meint Redakteur Andreas Lübeck salomonisch. Funktionierende Technik allerdings schon. Doch auch hier lässt die Ernüchterung nicht lange auf sich warten. Schon bei knapp 18.000 Kilometern zeigt das Getriebe erste Anzeichen von Schwäche. "Der dritte Gang kratzt beim Einlegen", fällt Redakteur Diether Rodatz auf, als er mit dem Duster zum Heimatbesuch nach Rumänien rollt. Dort angekommen, kann auch Pater Michail vom Kloster Sambata den Fehlerteufel nicht austreiben: Die Sechsgang-Schaltbox zeigt sich zunehmend widerspenstig, was knapp 8000 Kilometer später, zurück in Deutschland, einen Boxenstopp erfordert. Die Renault-Niederlassung Hamburg versucht es mit dem Austausch des Getriebeöls, aber die Klagen im Fahrtenbuch reißen nicht ab. Vor allem beim Zurückschalten sträubt sich der dritte Gang, geräuschlos einzurücken. Das führt schließlich zum Getriebetausch bei Kilometerstand 33.413. Und zu ratlosen Mienen, denn für die Probleme hat Dacia keine Erklärung.Auch einen neuen Tankgeber baut die Renault-Werkstatt ein – immer wieder war das digitale Balkendisplay zwischen "voll" und "halb leer" hin- und hergesprungen und hatte damit auch die Restreichweitenanzeige des Bordcomputers verwirrt, die zum Leidwesen der Duster-Fahrer bei 89 Kilometern komplett aussteigt. "Frechheit", schäumt Diether Rodatz. "Gerade wenn ich auf dem letzten Tropfen fahre, will ich doch wissen, ob ich es noch bis zur nächsten Tanke schaffe." Kuriosum am Rande: Da sich der Geber nicht allein wechseln lässt, weil die Reparaturanweisung den Tausch der ganzen Instrumenteneinheit vorsieht, rollt der Duster mit jungfräulichem Streckenzähler vom Hof. 33.413 Kilometer – einfach weg!Wie sich der Duster in der abschließenden Inspektion präsentierte, erfahren Sie oben in der Bildergalerie. Den vollständigen Artikel mit allen Daten und Tabellen gibt's im Online-Artikelarchiv als PDF-Download.

Martin Puthz

Fazit

Als preiswerter und uneitler Allrounder gewann er die Herzen, um sich die Sym­pathien mit hoher Fehlerquote wieder zu verscherzen. Der Duster geht mit der Er­kenntnis, dass auch an Autos, an denen "nicht viel dran" ist, viel kaputtgehen kann. Allein auf den Preis sollte man die Ausfälle aber nicht schieben. Manch teu­rerer Kandidat hat sich hier nicht besser geschlagen.